Bodenaufbauten mit Entkopplungssystemen
1. Kritische Untergründe!
2. Welche Überlegungen sollten vorab angestellt werden?
3. Prinzipiell zu unterscheidende Spannungsarten
4. Welche sonstigen Funktionen soll das Entkopplungssystem aufweisen?
5. Matte oder Platte? Die Auswahl des geeigneten Systems
6. Wie leistungsstark ist eine Entkopplung?
7. Der besondere Klang eines entkoppelten Belags
8. Regel der Technik?
9. Fazit
1. Kritische Untergründe!
Der Wunsch jedes Planers und Handwerkers ist es, einwandfreie und somit unproblematische Untergründe auf der Baustelle vorzufinden. Fakt ist aber, dass dies oft nur ein Wunsch ist. Auf unseren heutigen Baustellen begegnen dem Fliesenleger regelmäßig so genannte „kritische Untergründe“ – speziell dann, wenn er im Sanierungs- und Renovierungsbereich tätig ist. Die Bauart solcher Untergründe ist dabei vielfältig. Sie können von schwingenden Holzuntergründen über schadhafte, gerissene und eventuell beheizte Estriche bis hin zu frisch betonierten Boden- und Wandflächen reichen. Ebenso sind hier auch Mischuntergründe, schadhafte Altbeläge oder thermisch belastete Gussasphaltestriche zu nennen.
2. Welche Überlegungen sollten vorab angestellt werden?
Im Rahmen der Planung einer Entkopplungsmaßnahme müssen zuerst die jeweiligen Anforderungen für das Entkopplungssystem definiert werden. Denn nicht jede Entkopplung ist für jeden Anwendungsfall geeignet. So gilt es, vorab wesentliche Punkte zu klären. Fragen wie:
• Mit welchen Spannungen und Belastungen ist zu rechnen? Wie stark werden diese möglicherweise ausfallen?
• Gibt es noch zusätzliche Funktionen (z. B. Abdichtung, Wärmedämmung oder Trittschallverbesserung), welche die Entkopplungsmaßnahme übernehmen soll?
• In welchem baulichen Umfeld findet die Anwendung der Entkopplungsmaßnahme statt?
3. Prinzipiell zu unterscheidende Spannungsarten
Spannung ist nicht gleich Spannung. Daher werden verschiedene Spannungsarten unterschieden.
Parallel zum Oberbelag verlaufende Spannungen:
In aller Regel resultieren derartige Spannungen aus Längenveränderungen des Untergrunds, zum Beispiel auf Grund von Schwindungs-, Schrumpfungs- oder Quellprozessen. Ein typischer Fall hierfür sind junge Betonflächen. Durch das Schwindverhalten des Betons werden Spannungen in den Oberbelag eingetragen, welche bei einer direkten Belegung ohne Entkopplung zum Haftverbundschaden führen können.
Ein weiteres typisches Beispiel ist ein mit höheren Temperaturen belasteter Gussasphaltestrich, da dieser infolge der thermischen Belastung ein überproportionales Ausdehnungsverhalten entwickelt.
Senkrecht zum Oberbelag verlaufende Spannungen:
Senkrecht zum Belag auftretende Spannungen finden ihre Ursache erfahrungsgemäß in einer gewissen Instabilität des Untergrundes.Als typisches Beispiel sind hier unter anderem Holzdielenböden zu nennen, die beim Betreten schwingen. Oder Metalluntergründe in Fahrstühlen, die ebenfalls unter Belastungen - wenn auch nur leicht -nachgeben.
Auch bei einem Estrich, der in Fugen- oder Rissbereichen Höhenversätze aufweist, ist davon auszugehen, dass dieser unter dem Einfluss senkrecht verlaufender Spannungen steht oder zumindest stand.
4. Welche sonstigen Funktionen soll das Entkopplungssystem aufweisen?
Hier gilt es zu klären, welche weiteren Aufgaben gegebenenfalls noch durch die Entkopplungsmaßnahme erfüllt werden sollen. So kann beispielsweise zusätzlich eine Verbesserung der Trittschallsituation gewünscht werden. Diese kann durch die entsprechende Entkopplungsmaßnahme durchaus erreicht werden. Gleiches gilt für eine eventuell benötigte Abdichtung im Verbund (siehe hierzu 4x4 Ausgabe 1/2009). Auch diese Funktion lässt sich mit Hilfe verschiedener, spezialisierter Systeme erfüllen. Oder soll noch eine Wärmedämmende Maßnahme erfolgen? Auch eine solche Aufgabe kann durch eine Entkopplung erfüllt werden. Aber auch der gegenteilige Aspekt kann benötigt werden, wenn der Einsatz des Entkopplungssystems beispielsweise auf einer Fußbodenheizung erfolgen soll. Hier darf die Wärmedämmende Funktion der Entkopplung natürlich nicht hoch sein, da sonst die Leistungsfähigkeit der Heizung eingeschränkt wird.
5. Matte oder Platte? Die Auswahl des geeigneten Systems
Die Auswahl der notwendigen Entkopplung erfolgt also sowohl auf Grund der jeweiligen Anforderungen an das System, als auch der Feststellung der zu erwartenden Spannungstypen.
Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwei prinzipielle Typen von Entkopplungssystemen: Mattensysteme und Plattensysteme.
6. Wie leistungsstark ist eine Entkopplung?
Im Bereich der Elektronik oder der Mechanik bezeichnet eine Entkopplung die vollkommene Trennung zwischen zwei Systemteilen.
Im Bereich der Fliesentechnik darf dem gegenüber nie von einer vollkommenen Trennung ausgegangen werden. Entkopplungssysteme bewirken hier lediglich einen gewissen Spannungsabbau. Diesem Spannungsabbau sind aber physikalische Grenzen gesetzt. So kann auch das beste Entkopplungssystem Schäden am Oberbelag nicht verhindern, wenn schon im Untergrund weit aufklaffende, dynamische Risse vorhanden sind.
Auch Bewegungsfugen im Untergrund dürfen bei Verwendung einer Entkopplung nicht einfach überfliest werden, sondern müssen trotz Entkopplung im Fliesenbelag deckungsgleich übernommen werden. Ein klassischer Anwendungsfall für Entkopplungen sind dagegen Haarrissbildungen oder haftmindernde Untergrundverunreinigungen auf Estrichen. Hier ermöglichen Entkopplungssysteme in jedem Fall eine schadenfreie Fliesenverlegung, ohne dass Risse in den Oberbelag durchschlagen.
Die prinzipielle Richtlinie „Je dicker desto besser!“ stellt vordergründig ein sehr gutes Beurteilungskriterium dar.
Aus rein statischer Sicht ist dieser Gedanke auch absolut richtig. Denn die Geometrie einer Entkopplungsschicht und somit die Dicke dieser Schicht ist ein wesentlicher Faktor in Bezug auf den Spannungsabbau, da näherungsweise anzunehmen ist, dass sich der Spannungsabbau linear im Material vollzieht.
Dies bedeutet: Je dicker die Entkopplungsschicht, umso mehr Potenzial bietet diese, einen Spannungsabbau, speziell in Bezug auf parallel auftretende Spannungen, zu bewirken. Ein zweiter wesentlicher Faktor ist die Steifigkeit des Entkopplungssystems. Sie findet ihren Ausdruck im so genannten E-Modul. Je niedriger der E-Modul, umso mehr Potenzial bietet das jeweilige System für einen Spannungsabbau. Mit sinkendem E-Modul wird das jeweilige Material in aller Regel aber zunehmend weicher. Wird das System aber zu weich, kann es nicht mehr mit Fliesen belegt werden, da die Adhäsionsstabilität leidet. Es wäre ein Fehler anzunehmen, dass entkoppelte Beläge generell nicht in Bereichen mit hoher Verkehrslast zum Einsatz kommen können.Die Auswahl des passenden Systems vorausgesetzt, sind auch Ausführungen z. B. in Ladengeschäften und Autohäusern möglich.
7. Der besondere Klang eines entkoppelten Belags
Ein entkoppelter Belag weist Unterschiede zu einem vergleichbaren Belag ohne Entkopplung auf.
Besonders zu nennen ist hierbei die vereinzelt auftretende unterschiedliche Trittschallentwicklung. Durch den Gesamtaufbau „harte Keramik – weiche Entkopplungsschicht – harter Untergrund (z. B. Estrich)“ kann ein Hohlklang des keramischen Belags entstehen. Gerade private Bauherren neigen dazu, diesen Hohlklang als Ausführungsfehler einzuschätzen, obwohl dieser eine konstruktionsbedingte Ursache hat. Wir empfehlen daher speziell diesen Punkt bei den Bauherren vorab anzusprechen.
8. Regel der Technik?
Aktuell gibt es noch keine Merkblätter oder technischen Regelwerke, die den Einsatz von Entkopplungssystemen regeln, obwohl ein entsprechendes ZDB-Merkblatt in Vorbereitung ist. Daher sind Entkopplungssysteme derzeit noch als Sonderkonstruktion anzusehen und bedürfen einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Bauherren.
9. Fazit
Sicher kann eine Entkopplung einen „nicht mehr zu rettenden“ Untergrund nicht in einen Top-Untergrund verwandeln.
Aber als Fazit bleibt festzuhalten, dass in vielen Bereichen, bzw. auf vielen kritischen Untergründen, erst durch die Verwendung von Entkopplungssystemen überhaupt eine schadensfreie Verlegung von Fliesen und Platten möglich wird.
Gegebenenfalls kann durch den Einsatz einer Entkopplung auch der Baufortschritt beschleunigt werden, da so eine frühzeitigere Belegung von jungen Beton- und Estrichuntergründen ermöglicht wird.
Zudem werten die positiven Zusatzeffekte, wie die damit verbundene erhöhte Trittschall- oder Wärmedämmung, den Belag auf. Bei Unsicherheiten in Bezug auf die Wahl des richtigen Systems steht Ihnen das Team der Sopro Anwendungstechnik/ Objektberatung gerne mit Rat und Tat zur Seite.