Elektrisch ableitfähige, keramische Beläge mit chemischer Beständigkeit

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Bodenfliesen

Die Herstellung eines elektrisch ableitfähigen Fußbodens ist mit den unterschiedlichsten Belagsmaterialien möglich. Ist jedoch zusätzlich eine chemische und mechanische Beständigkeit gefordert, ist dies nur noch mit keramischen Materialien lösbar. Die Systemplanung keramischer Bodenbeläge mit elektrischer Ableitfähigkeit für Labor-, Forschungs- und Produktionsflächen wird im Folgenden erläutert. Ein Griff zur Türklinke und ein kurzer Schreck: Der kleine Entladungsblitz beim Berühren eines metallischen Gegenstandes kann unangenehme Folgen haben, wenn sensible Stoffe oder Prüfinstrumente dadurch beeinflusst werden. Für den menschlichen Organismus ist die Situation unbedenklich, solange man sich nicht in einer explosiven, leicht entzündlichen Umgebung befindet. In einer solchen jedoch kann die Entladung zu extremen Situationen bzw. in Zusammenhang mit sehr sensiblen elektronischen Bauteilen zu weitreichenden Störungen führen. Daher ist es erforderlich, in Bereichen, in denen mit explosionsfähigen Gemischen, Gasen, Dämpfen, Nebeln oder Stäuben gearbeitet wird, Vorkehrungen zu treffen, damit gefährliche elektrische Entladungen vermieden werden. ln diesem Zusammenhang muss insbesondere die elektrische Ableitfähigkeit der Bodenbeläge eingeplant und sichergestellt werden. Sensible Bereiche sind beispielsweise:

-       Explosionsstoffherstellung

-       Batterieladeanlagen, Gasstationen

-       chemische Industrie, Lackherstellung und -Verarbeitung, Laboratorien

-       Computerbereiche, Operationsraume, Reinraume, etc.

Da in den genannten Bereichen oftmals mit aggressiven Medien gearbeitet wird, ist die Frage der chemischen Beständigkeit der Belagsmaterialien und bauchemischen Produkte im System naheliegend und muss in diesem Zusammenhang mit berücksichtigt werden. Ist für die einzurichtenden Räumlichkeiten ein keramischer Belag vorgesehen, muss sich der Planer und Ausführende an folgenden Regelwerken orientieren:

DIN 18 352                   Fliesen- und Plattenarbeiten

AGI-Arbeitsblatt S30     Elektrisch ableitfahige Bodenbelage

BGR-132                      Richtlinie für die Vermeidung von Zundgefahren infolge elektrostatischer Aufladung (Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften

Gemäß dieser Regelwerke lässt sich das entstehende Bauvorhaben mit seiner Nutzung in die entsprechenden Bereiche einteilen und der geforderte Ableitungswiderstand festlegen, der für den Bodenaufbau gefordert ist.

 

1. Elektrotechnische Grundlagen


Durch das Begehen einiger Bodenbelagsarten können beim Berühren eines metallischen Gegenstandes (Türklinke) Entladungsblitze durch statische Elektrizität entstehen. Derartige Endladungsblitze, die jeder schon erlebt hat, stellen im Allgemeinen für den Menschen keine Gefahr dar, wenngleich es durch den Schreck zu Fehlhandlungen kommen kann. ln den oben beschriebenen Bereichen müssen diese an sich harmlosen Entladungsblitze jedoch unbedingt vermieden werden, da sie von einer Zerstörung elektrischer Bauteile bis hin zur Explosion ganzer Anlagen führen können. Eine maßgebliche Größe im Bereich der Elektrotechnik sind elektrische Ladungen. Alle Gegenstände - und Personen enthalten positive und negative Ladungen, die sich normalerweise im Gleichgewicht befinden, also in einem neutralen Zustand. Statische Elektrizität entsteht immer bei Bewegung von festen Isolatoren oder flüssigen Substanzen durch mechanische Trennung, z. B. beim Abheben, Reiben, Zerkleinern und Ausschütten von festen Gegenständen und Stoffen. Ferner kommt es beim Strömen, Ausschütten und Versprühen von Flüssigkeiten sowie beim Strömen von Gasen und Dämpfen, die geringe Menge von fein verteilten Feststoffen enthalten, zu Ladungsverschiebungen. Diese Ladungsverschiebungen führen zu ungleichen Potenzialen und „elektrostatischen Aufladungen“. Diese haben das Bestreben, sich wieder auszugleichen bzw. einen neutralen Zustand zu erreichen. Das geschieht unweigerlich bei Annäherung zweier Gegenstände oder Körper und deren Berührung. Durch den hohen Ladungsausgleich in einer sehr kurzen Zeiteinheit ist dies mit einem Entladungsblitz verbunden. Um dem Aufladen von Personen oder Gegenständen entgegenzuwirken, muss in diesen Bereichen der Fußboden so aufgebaut werden, dass er nicht ladungspotentialbildend wirkt. Dies bedeutet, dass der Fußboden so hergestellt werden muss, dass er auf der einen Seite nicht elektrisch leitfähig wirkt (Stahlplatte) aber einen so niedrigen Widerstand besitzt, dass ein elektrostatisches Potential beim Begehen des Fußbodens nicht aufgebaut werden kann. Soll dieser Effekt mit einem keramischen Belag erreicht werden, besteht die Möglichkeit, unterschiedliche Systemaufbauten zu wählen - abhängig vom gewünschten Belagsmaterial und Plattenformat. Dabei werden drei Bauarten unterschieden.

 

2. Drei unterschiedliche Systemaufbauten


Planungstechnisch ist im Vorfeld sicherzustellen, dass in diesen Räumen grundsätzlich ein Potentialausgleich vorhanden ist, an dem die elektrisch ableitfähigen Fußböden angeschlossen werden können.

 

2.1. Systemaufbau eines keramischen ableitfähigen Fliesenbelags


Die notwendigen Kupferbänder, die in einem Rastermaß von ca. 4 m auf dem Boden verlegt werden, müssen einen Mindestquerschnitt von 1 mm² besitzen. Bei der Verlegung und Verfugung der Keramik, die in der Regel mit hydraulisch abbindenden, also zementären Mörteln erfolgt, wird ein vom Hersteller geprüftes, leitfähiges Mörtelsystem eingesetzt. Dies bedeutet, dass beim Anmischvorgang ein spezielles Additiv (Sopro Electra Leitdispersion ELD 458) zum zugelassenen und geprüften Dünnbettmörtel (Sopro‘s No. 1 Flexkleber 400) zugegeben und damit homogen vermischt wird. Durch die Zugabe der Spezialflüssigkeit wird die elektrische Leitfähigkeit des Verlege- und des Verfugungsmörtels erreicht. Nach Wahl des gewünschten Belagsmaterials erfolgt die leitfähige Einstellung des Verlege-oder des Fugenmörtels. Unter Umständen müssen sowohl Klebe-, als auch Fugenmörtel leitfähig eingestellt werden.

 

2.2. Nicht leitender Fliesenkörper mit leitfähiger Spezialglasur


Entscheidet man sich für eine Keramik mit elektrisch leitfähiger Glasur und nicht leitfähigem Fliesenkörper, ist es erforderlich, Verlegemörtel und Fugenmörtel elektrisch leitfähig einzustellen. Da die Glasur keine direkte Verbindung zum leitfähigen Verlegemörtel hat, ist dies nur durch die Verwendung einer leitfähigen Fuge gewährleistet. Verlegemörtel elektrisch leitfähig eingestellt werden muss. Die Wahl des jeweiligen Fliesenscherbens orientiert sich zum einen an technischen Aspekten und zum anderen an optischen Ansprüchen. So sind die durchgängig elektrisch leitfähigen keramischen Scherben für den mechanisch hoch beanspruchten Bereich vorgesehen, da sie sich durch höchste Verschleißfestigkeit auszeichnen. Die Fliesenkörper mit elektrisch leitfähiger Spezialglasur sind im allgemeinen großformatige, helle Materialien, die für anspruchsvolle Funktionsbereiche (Laboratorien) mit geringem Fugenanteil durch ihre Optik und Ästhetik bestechen.

 

2.3. Nicht ableitfähiger Fliesenbelag mit ableitfähiger Fuge und Mörtelbett


Will man die elektrische Ableitfähigkeit nur über den Fugenanteil im keramischen Belag erzielen, ist die Fliesen Größe im Format auf 240 x 115 mm oder 150 x 150 mm begrenzt. Bei dieser Variante müssen Verlegemörtel und Fugenmörtel elektrisch leitfähig sein. Zu bedenken ist, dass bei dieser Art der Verlegung die Fugen oberflächenbündig (kein Auswascheffekt) ausgeführt werden müssen. Dies kann auf der Baustelle mitunter zu Problemen führen. So kann es sich negativ auswirken, wenn bei der späteren Überprüfung der elektrischen Leitfähigkeit durch den TÜV die geforderten Widerstandswerte nicht erreicht werden und der Belag keine Zulassung erhält. Aus diesem Grunde sollte man die vorangehend erläuterten Bauarten favorisieren und diese dritte Letztere von vorn herein ausschließen.

Entscheidet man sich dennoch dafür, ist eine Musterfläche anzulegen, welche erst durch den TÜV zu bewerten ist. Nur nach positiver Bewertung ist mit der Verlegung und Verfugung zu beginnen. Nach Abschluss der Verlegearbeiten ist der Bodenbelag durch den TÜV zu überprüfen. Gemessen werden die Ist-Widerstände des Bodenbelags, die den geforderten Grenzwerten entsprechen müssen, um eine Zulassung zu erhalten.

Ist eine Fläche mit hoher chemischer Beständigkeit gefordert, ist zusätzlich zu den chemisch resistenten Bodenfliesen, ein chemikalienbeständiger Fugenmörtel auf Reaktionsharzbasis (Sopro FugenEpoxi) einzusetzen. Auch die notwendige Abdichtung unter dem Fliesenbelag muss dann chemisch beständig sein (Sopro PU-FD). Dies ist bereits bei der Planung entsprechend zu berücksichtigen. Hierfür werden Verbundabdichtungen auf Reaktionsharzbasis (Sopro PU-FlächenDicht) eingesetzt. Der elektrisch ableitfähige keramische Belag wird im direkten Kontakt mit der abgedichteten Fläche verlegt. Da es sich hierbei in der Regel um sehr sensible und komplexe Bereiche handelt, sollte bei der Planung und Ausführung das Beratungsteam (Sopro Objektberatung) der Sopro Bauchemie GmbH hinzugezogen werden.

 

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